17. Mai 2014 Konzert im Konzerthaus Berlin

Konzert des Landesjugendensembles Neue Musik Berlin 17. Mai 2014, 20 Uhr, Werner-Otto-Saal des Konzerthauses Berlin

Musikalische Leitung: Gerhard Scherer und Jobst Liebrecht

Chor: neuer chor berlin (Leitung: Maike Bühle)

Solistin: Karina Repova, Mezzosopran

Programm:

Myriam Marbe: Sym – phonia (1996) 
Isabel Mundry: Gefächerter Ort (2007/2009) 
Ensemble-Improvisationen 
Katia Tchemberdji: Ouvertüre (2014) – Uraufführung 
Mayako Kubo: Das Meer (2014) – Uraufführung


Das noch ganz junge Landesjugendensemble Neue Musik probt in seiner dritten Arbeitsphase die Uraufführung von „Das Meer“ der japanischen Komponistin Mayako Kubo. Das Werk, das sich mit der Tsunami-Katastrophe von Fukushima befasst, ist im Auftrag des Landesmusikrats Berlin entstanden und von der in Berlin lebenden Mayako Kubo dem Landesjugendensemble Neue Musik „auf den Leib“ komponiert worden.

„Musik nach Fukushima zu schreiben, ist nicht möglich“, meint Mayako Kubo. „Nach einer Katastrophe ein Gedicht zu schreiben, ist möglich. Aber eine Musik? Wenn Musik meine Sprache ist, kann ich durch Musik Trauer, Wut, Freude zum Ausdruck bringen. Musik ist nicht der Zweck, sondern das Ziel, in dem sich Klänge und Text vereinen. Sie bringt zum Ausdruck, was ist: Schönheit und Schrecken, Gewalt und Würde – der Natur, des Menschen, der Musik“.

„Das Meer“ basiert auf zwei Gedichten von Giuseppe Ungaretti, übertragen von Ingeborg Bachmann: Finale und Freude der Schiffbrüche. Mayako Kubo verwendet ein Ensemble mit einfach besetzten Holz- und Blechbläsern sowie 2 Schlagzeugern, Akkordeon, Klavier, Gitarre und sechs Streichern. Den Instrumentalisten stellt sie eine Mezzosopranistin und einen Chor zur Seite, der die Hoffnung und Wärme in der Gemeinschaft symbolisiert. Die Musik ist für die jungen MusikerInnen geschrieben, Mayako Kubo erklärt: „Neue Musik ist besonders geeignet für aktuelle Themen. Neue Spieltechniken ermöglichen eine Verfremdung der Klänge. Sie machen die jungen Musiker neugierig und die jungen Musiker machen die Musik lebendig.“

Die in Moskau gebürtige Komponistin Katja Tchemberdji besuchte ein Konzert des Landesjugendensembles Neue Musik und beschloss spontan, ein Werk für das Ensemble zu komponieren: „Ouvertüre“ entstand im Auftrag des Landesmusikrats und wird derzeit für die Uraufführung am 17. Mai, 20 Uhr im Werner-Otto-Saal des Konzerthauses geprobt.

Die Ouvertüre – das Stück vor dem Stück – „entfaltet sich im orchestralen Raum, in dem die Instrumentengruppen Holzbläser, Streicher, Klavier/Akkordeon, Gitarre/Harfe/Schlagzeug – als Klangschichten gedacht – sich zu- oder voneinander dynamisch bewegen und sich irrealen Charakteren auf der virtuellen Bühne annähern“, so die Komponistin über ihr Werk. „Am Ende geht der imaginäre Vorhang auf – die Eröffnung einer Oper. Wobei die letzte aber nicht gespielt wird.“

Zwei junge syrische Kriegsflüchtlinge sind neue Mitglieder im Ensemble

Neue Musik macht neugierig – dies bestätigt die große Attraktivität, die das Projekt des Landesmusikrats auf junge Musiker ausübt. Die meisten sind zwischen 14 und 18 Jahre alt, darunter auch zwei Jugendliche, die erst seit einigen Monaten in Berlin leben: Ghada Khoury (Querflöte und Gesang) und Ghaith Al-Shaar (Horn und syrische Laute) flüchteten vor den Kriegsgeschehnissen in Syrien und fanden in Berlin ein neues Zuhause.

Im Landesjugendensemble erleben sie Integration, auch über sprachliche Barrieren hinweg. Ins Programm eingebettet sind Improvisationen, in denen die Ensemblemitglieder frei mit Klängen, Tempi und Dynamik spielen. Eine Improvisation ist von Ensembleleiter Gerhard Scherer um die beiden syrischen Musiker angelegt. Beide stehen mit ihren Instrumenten – Gesang und syrische Laute – im Mittelpunkt, alle anderen gruppieren sich klanglich um das Duo herum.

Wo das Unaussprechliche in Worten kaum auszudrücken ist, kann Musik Mittlerin sein. Krieg und Naturkatastrophen sind durch Musik selbstverständlich nicht zu überwinden. Aber sie kann helfen, Emotionen zum Ausdruck zu bringen, die schwer zu fassen sind, sich dem Unfassbaren zu nähern, wo Worte versagen.

„Das ist meine erste Erfahrung mit Neuer Musik – zum Teil schon sehr bizarr!“, findet Ghada. Und Ghaith fügt hinzu: „Vielen Dank, dass wir dabei sein dürfen und diese Erfahrung machen können!“