Am 19. November veranstalteten Landesmusikrat Berlin und ver.di eine Podiumsdiskussion zur Situation der Musikschullehrkräfte mit Berliner Bundestagsabgeordneten und Betroffenen. Vor dem voll besetzten Saal im Berliner ver.di Haus moderierte Lisa Mangold, Bereichsleitung Kunst & Kultur, ver.di Bundesverwaltung. In der Diskussion bestätigte sich der zwingende Handlungsbedarf in Berlin und die auch mit Blick auf die auslaufende Übergangsregelung notwendige finanzielle Vorsorge im Rahmen der aktuellen Haushaltsverhandlungen.
Susanne Nowakowski, die das “Herrenberg-Urteil” erstritten hat, stellte in einem berührenden Eingangsstatement ihre juristische Odyssee und ihre Beweggründe dar und ermutigte: „Ich bekam nach gewonnenem Prozess die Sozialbeiträge für 15 Jahre zurückerstattet.“ Sie schloss mit der Aussage: „Das Ziel muss sein, die Musikausbildung in Deutschland für alle Kinder und Jugendlichen, aber auch für alle Lehrkräfte auf sicheren Boden zu stellen.“
Undine Barge stellte die Lage aus Perspektive einer Berliner Musikschullehrkraft dar: „Ich arbeite seit 33 Jahren in prekärer Situation in Scheinselbständigkeit. Der Senat verweigert uns die Anstellung. Ich war alleinerziehend mit Zwillingen, Unterstützung bekam ich keine. Wir konnten nie einen vernünftigen Urlaub machen. Ich habe immer voll gearbeitet, war nie krank und bekomme jetzt eine Rente von 850 €. Ich gehe weiterarbeiten, weil ich keine andere Chance habe. Und sogar von der neuen Aktivrente habe ich nichts: Freischaffende müssen ihr Einkommen weiter voll versteuern. Das ist einfach ungerecht.“
MdB Annika Klose, arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion berichtete von den Schwierigkeiten, die sich aus Ihrer Perspektive für die Umsetzung des Urteils für Kommunen ergeben haben. Sie ist „für eine schnelle Klärung der Sachlage, aus welchem Grund das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auch aktuell an einer guten Lösung arbeitet. Erste Ergebnisse sind jedoch voraussichtlich erst im Frühjahr 2026 zu erwarten.“
MdB Dr. Ottilie Klein möchte die Musikschulen stärken und die langjährige Ausbildung der wertvollen Fachkräfte angemessen wertschätzen. Sie hat viele Gespräche mit Betroffenen geführt und kennt die verschiedenen Interessenslagen. Wichtig ist auch ihr die Herstellung von Rechtsicherheit. Sie will die Möglichkeit schaffen, dass sowohl Festanstellung als auch auskömmliche Honorartätigkeit entsprechend der Wünsche der Fachkräfte künftig möglich ist.
Ver.di-Jurist Jonas Fischer erläuterte die komplexe Sozial- und Arbeitsrechtliche Lage. Das Herrenberg-Urteil hatte zunächst für viel Hoffnung gesorgt, dann wurde auf Initiative von Berlin eine Übergangsregelung im Sozialgesetzbuch verankert, die die Weiterbeschäftigung von Honorarkräften ermöglicht und inzwischen teilweise auch als verfassungsrechtlich bedenklich eingeordnet wird. Er erwähnte auch eine weitere BSG-Entscheidung, die mit Bezug auf eine andere Berufsgruppe bestätigte, dass ab 2027 Sozialversicherungsbeiträge für abhängig Beschäftigte gezahlt werden müssen.
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